Text: Diviam Hoffmann

If your not about equality, then what are you about?“ – Selten hat eine Künstlerin ihre Motivation so prägnant auf den Punkt gebracht. Ein anderer Satz von Ebony Bones, die auch im zehnten Interview am Tag druckreif spricht, ist: „You can’t be what you never see.“

Ebony Bones ist Musikerin, aber auch Designerin, Schauspielerin, Produzentin und Labelinhaberin. Sie will alles selbst machen, alle Fäden ihrer Arbeit in der Hand behalten und zeigen, dass Frauen für all diese Schritte in der Arbeitsteilung gemacht sind. Auch in den Feldern, wo sie bisher zu kurz kommen. Geboren und aufgewachsen ist Ebony Bones als Ebony Thomas in den 80ern im Südlondoner Stadtteil Brixton. Ihr Vater, der aus der Karibik zuerst nach Westberlin ging und dann weiter nach London, hatte einen Vinyl-Stand. Dort wühlte sich Ebony Bones durch die Boxen, las die Rückseiten von Plattencovern wie Gleichaltrige Kindergeschichten. Besonders fasziniert war sie, wenn in der Spalte „Produktion“ der Name einer Frau auftauchte – Linda Perry, Kate Bush oder Missy Elliott – und noch heute ist der Produktionsaspekt einer der wichtigsten Teile ihrer Musik: „Die Produzent*innen sind die Architekten des Sounds und treffen am Ende die Entscheidungen. Es gibt aber viel weniger Frauen in der Musikproduktion und im Engineering. Das heißt, die Leute, die entscheiden, was wir hören, repräsentieren nicht unbedingt diejenigen, die Musik hören und kaufen.“

Ausgerechnet einer der Punk-Jungs gab ihr dann ihren Künstlerinnennamen. Chris Millar alias Rat Scabies, Drummer der Goth-Punk-Band The Damned, machte aus Ebony Thomas Ebony Bones und gab ihr sein DIY-Ethos auf den Weg:„Fang erst einmal an, Du lernst es, während Du es machst“, zitiert sie ihn.

Punk-Platten gehörten dabei längst zu denjenigen, die Bones aus den Vinyl-Boxen in Brixton zog: Sie hörte The Slits, die Anfang der 80er die Fühler Richtung Dub ausstreckten, Nina Hagen, Siouxsie And The Banshees, Grace Jones oder auch Bands der Riot-Grrrl-Bewegung wie Bikini Kill. In ihrer Musik gießt Bones die Attitüde ihrer Idole in die Form eines modernen Punk, der alles will, außer sich festzulegen: Genres, Styles, Themen. Nur ihr Gesang erinnert klanglich an die bellende Intonation von Punk und ist heute die größte Konstante Bones‘ Musik, während die Instrumentierung in jedem Song zwischen HipHop, Dance, Dub und Disco wechseln kann. Auch klassische Musik verarbeitet Bones, etwa auf ihrem 2018er Album „Nephilim“, auf dem biblische Referenzen auf dystopische Bassgewitter treffen.

Wenn Ebony Bones spricht, klingt sie elaboriert, druckreif eben. Sie weiß, was unseren Debatten fehlt und bringt es auf den Punkt. Sie benutzt Wörter die nicht im Wörterbuch stehen, dort aber hingehören: „Oversexualization“ zum Beispiel – die Übersexualisierung von Frauen in den Medien. „In jeglicher Form von Kunst, ob Mode, Malerei oder Musik und auch hinter den Kulissen, dominieren Männer“, sagt Bones zum Beispiel. „Wir müssen uns fragen, warum. Auf diese Weise wird die Wahrnehmung von Frauen von Männern diktiert. Das ist in meinen Augen sehr gefährlich, wenn Mädchen mit dieser Übersexualisierung aufwachsen. Sie entspricht einfach nicht der Realität. Es ist wichtig, dass wir gute, starke weibliche Vorbilder haben. Das müssen nicht unbedingt Künstlerinnen sein, aber Leute, die gute Arbeit machen und weiblich sind – das täte Männern und Frauen gut. Das Patriarchat ist für niemanden gut.“ Noch so ein Satz: „Patriarchy isn’t good for anyone.“ Ebony Bones vermittelt Theorie verständlich für alle, einfach as fuck.