Text: Johanna Schmidt

Die Geschichte der Sängerin Barbara, geboren 1930 in Paris als Monique Andrée Serf, ist eine zwischen Vertreibung, Flucht und Schmerz, aber auch die einer Versöhnung.

Schon früh nimmt Barbara Klavier- und Gesangsunterricht und schreibt sich Mitte der 1940er-Jahre im Pariser Konservatorium ein, um dort klassische Musik zu studieren. Bald wird Edith Piaf zu ihrem großen Vorbild und Barbara tauscht Konservatorium gegen Kleinkunstbühne. Finanziell sind es prekäre Zeiten, die für sie anbrechen. Doch daran ist sie schon seit der Kindheit gewöhnt.

Die Familie Barbaras war jüdisch, als sie zehn ist – also 1940 – flieht die Familie aus dem von deutschen Truppen belagerten Teil Frankreichs in den Südosten des Landes. Bis 1944 bleiben sie dort, um der Deportation zu entgehen. Doch auch wenn diese Gefahr erst einmal abgewendet wurde, so fällt in die Zeit ein weiteres Geschehen, das Barbara prägen sollte. In den Jahren der Flucht wird sie von ihrem Vater missbraucht. Barbara versucht dieses Trauma unter anderem in Musik zu verarbeiten. Es entstehen die Stücke „Amours incestueuses“ und „L’aigle noir“. Doch ganz gelingt ihr das Unterfangen nicht. 1974 versucht sie sich das Leben zu nehmen.

Nach dem Abbruch ihres Studium geht Monique Andrée Serf nach Brüssel, arbeitet in Bars, singt auf kleinen Bühnen und etabliert dort auch ihren Künstlerinnennamen. Zu größerer Bekanntheit gelangt sie in den 60ern, als sie Coversongs (beispielsweise von Edith Piaf) hinter sich lässt und damit beginnt, eigene Stücke zu schreiben. Es folgen ausgeweitete Tourneen durch Europa.

1964 führt sie ein Konzert nach Göttingen. Barbara gefällt es dort so gut, dass sie länger bleibt und auch ein Stück über in die niedersächsische Universitätsstadt schreibt. Ein Lied, das sie zu einer der Stimmen der deutsch-französischen Versöhnung machte:

„Mir ist‘s egal um die,
die mit Erstaunen sich erheben,
Und die anderen mögen mir vergeben,
Aber die Kinder sind die gleichen
In Paris wie in Göttingen
Lasst diese Zeit nicht wiederkehren,
In der Blut und Hass die Welt zerstören,
Denn es gibt Menschen, die ich liebe,
in Göttingen, in Göttingen.
Und sollte der Alarm ertönen
Und müsste man wieder zu
den Waffen greifen,
Würde mein Herz eine Träne vergießen
Für Göttingen, für Göttingen.“

Wahrscheinlich ist dieses Lied von Barbara in Deutschland bekannter als in Frankreich. In Frankreich hingegen – das mag aber auch an der Sprache liegen – sind es Songs wie „Mon histoire d’amour c’est toi“ oder „Dis, quand reviendras tu?“, die die Chanson-Sängerin auch über ihren Tod im Jahr 1997 hinaus weiterleben lassen.

Das vielleicht ebenso wie ihr soziales Engagement. Während der AIDS-Krise beschließt Barbara, sich 1986 ein Jahr lang gegen die Krankheit und für die Erkrankten zu engagieren. Zu Barbaras Beerdigung erscheinen 250.000 Menschen, die zusammen ihr Lied „Dis, quand reviendras tu?“ singen. Sag, wann kommst du wieder?